Was hilt bei Lärmbelästigung durch Nachbarn?
Lärmbelästigung durch Nachbarn ist wohl eines der meist unterschätzten Probleme im Alltag. Die Folgen sind vielfältig – von Gereiztheit, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen bis hin zu Magenproblemen.
Das Fatale dabei ist, dass man Nachbarschaftlärm kaum vorm Einzug abschätzen kann.
Erst im Nachhinein fällt dir auf, dass du in deinem zu Hause keine Ruhe findest. So wird auch die schönste Wohnung in bester Lage zum Albtraum.
Doch es gibt durchaus eine Reihe von Möglichkeiten, die du unbedingt ausprobieren solltest, bevor es zum Rechtsstreit oder Nachbarschaftskrieg kommt.
1. Lärm ist nicht gleich Lärm
Lärm wird nicht von allen Menschen gleich als Lärm angesehen. Das ist wohl die Hauptursache für Probleme mit lauten Nachbarn.
So können bestimmte Geräusche, wie das „Anschreien“ des Fernsehers für den einen völlig normal sein, während jemand anderes dabei nur den Kopf schütteln kann.
Während dein Nachbar wahrscheinlich wunderbar vom Alltag abschalten kann in dem er lautstark fernsieht, siehst du die Sache wahrscheinlich etwas anders. Auf den Punkt gebracht hat:
„Lärm ist das Geräusch der anderen.” – Kurt Tucholsky
Das solltest du dir unbedingt bewusst machen, bevor du deinen Nachbarn mit deiner Beschwerde oder Aufforderung konfrontierst. Er oder sie ist sich wahrscheinlich gar nicht im Klaren darüber, wie störend seine Geräusche für andere sind.
Und sind wir mal ehrlich. Niemand hat es gern, bevormundet oder die Schranken gewiesen zu werden, selbst wenn du im Recht bist und dein Nachbar wirklich zu viel Lärm macht.
2. Wie viel Lärm ist erlaubt?
Eine pauschale Aussage zu treffen ist hier nicht ganz einfach. Nun ist es so, dass in Deutschland, dem Land der unbegrenzten Gesetze und Steuern, je nach Art des Lärms andere Vorgaben gelten.
Generell gilt in Deutschland eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr. In dieser Zeit sollten alle Geräusche vermieden werden, die angrenzenden Nachbarn hören und somit auch stören könnten. Gleiches gilt ganztägig an Sonntagen und Feiertagen.
Im Grunde findest du im Internet auch unzählige Quellen, Regeln, Gesetze und Verordnungen, was erlaubt ist und was nicht. Meist gibt es dann bestimmte Ausnahmeregelungen oder gesonderte Bestimmungen und du kommst um eine professionelle Rechtsberatung nicht herum um wirklich Gewissheit für deinen konkreten Fall zu erhalten.
Daher versuche ich erst gar nicht die ganzen gesonderten Regelungen zu erläutern, da ich ohnehin keine Rechtsberatung geben darf. Außerdem gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen.
Viel sinnvoller ist doch da direkt zu schauen, wie du das Problem mit dem Lärm deines Nachbarn anpacken kannst, anstatt zu streiten, wer im Recht hat und wer nicht.
3. Was man nicht tun sollte, wenn der Nachbar zu laut ist
Sind wir mal ehrlich. Gesetzliche Bestimmungen hin oder her. Selbst wenn du im Recht bist und dein Nachbar nachweislich zu laut ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er sich auch ausnahmslos daran hält.
Es bedeutet auch nicht, dass er sich daran halten wird, wenn du ihm oder ihr mit irgendwelchen Gesetzen kommst.
Kommt dein Anliegen bei deinem Nachbar als Maßregelung oder schlimmer noch, als Angriff an, dann herzlichen Glückwunsch. Du hast die Sache schlimmer gemacht als vorher oder was hast du das letzte mal gedacht, als du ein Ticket fürs Falschparken kassiert hast?
“Oh! Danke für den Hinweis, beim nächsten mal bin ich rücksichtsvoller und parke 3 km die Straße runter.” Wahrscheinlich…
Welche Möglichkeiten hast du nun, wenn dein Nachbar eindeutig zu viel Lärm macht?
4. Stufe 1: Was du selbst tun kannst
Ich weiß, dass es auf den ersten Blick alles andere als verständlich wirkt. Das Beste, was du gegen Schall machen kannst, liegt in deinen Händen. Es hat für mich eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, bis ich das verstanden hatte.
Wenn etwas laut ist, dann hat dieses spezielle Ereignis keinerlei Wert. Ich selbst interpretiere dieses Ereignis entweder als gut oder schlecht, als störend oder unbedeutend.
Es ist immer unsere eigene Interpretation der Dinge, die entscheidet, wie wir etwas empfinden. Das ist auch der Grund, warum für den einen lautes Vogelgezwitscher entspannend sein kann, während sich jemand anderes dadurch enorm gestört fühlt.
Jedes mal, wenn äußeren Einflüsse wie Lärm bei dir für schlechte Stimmung, Wut, Ärger, usw. sorgen, dann gibst du ein Stück die Kontrolle über dein eigenes Wohlbefinden an andere.
Perspektive ändern
Ein gutes Beispiel dafür habe ich vor Jahren in einem Buch von Dale Carnegie gelesen. Dort ging es um einen Mann, der abends nicht einschlafen konnte, weil seine Heizung abends immer knackte.
Als er eines Tages mit Freunden ein Wochenende draußen in der Natur in einer abgelegenen Hütte verbrachte, machte er eine erstaunliche Erkenntnis.
Seine Freunde und er hatten es sich abends vor dem Kamin gemütlich gemacht und legten regelmäßig Feuerholz nach. Als die Geräusche des Kamins hörte, dachte er sich:
“Dieses Knacken des Holzes im Kamin klingt doch genau wie die Heizung abends in meiner Wohnung. Wieso empfinde ich das Knacken des Holzes hier im Kamin als gemütlich, während mir das gleiche Geräusch zu Hause den Schlaf raubt?”
Erste Hilfe bei Lärm
Um nicht emotionsgeladen Entscheidungen zu treffen, die du vermutlich später bereuen könntest, probiere doch mal folgende Schritte aus.
- Mache es dir bequem, hinlegen ist auch in Ordnung.
- Stecke dir Ohrstöpsel in die Ohren.
- Setze dir dann Kopfhörer zusätzlichauf deine mit Ohrstöpseln verschlossenen Ohren auf
- Schaue dir dieses Entspannungs Youtube Video an und passe die Lautstärke entsprechend an:
- Dabei ganz entspannt ca. 4 Sekunden einatmen, kurz 4 Sekunden innehalten und dann wieder in aller Ruhe ausatmen.
- Das Ganze wiederholst du 5 bis 10 Minuten. Du kannst auch die Augen schließen.
Nimm dir ruhig 5 bis 10 Minuten, denn dann solltest du dich tatsächlich etwas beruhigt haben. Das ist ebenfalls hilfreich in anderen Situationen, in denen du unter hohen Druck und Stress stehst.
Am besten du bereitest das ganze schon jetzt vor, sodass du direkt bei entsprechenden Lärm die “Erste Hilfe” zur Entspannung parat hast.
Schall dämmen
Die vorher genannten Methoden haben sich auf die inneren Dinge bezogen, die du selbst in der Hand hast, wenn der Nachbar mal lauter wird. Es gibt noch einiges, was du äußerlich machen kannst, um etwas mehr Ruhe zu erlangen.
Die ganze Webseite hier dreht sich im Prinzip genau darum, wie du es schaffst den Schall möglichst effektiv zu dämmen. Du kannst dir gerne dazu mehr zu Thema Schall an sich anschauen. Eines solltest du aber bitte nicht versuchen:
Irgendwelche Schaumstoffe, die du mit Tonstudios in Verbindung bringst, an deine Wände kleben. Eines kann ich dir hier schon garantieren.
Mit Schaumstoffen, wirst du nicht erreichen, dass der Lärm deines Nachbars leiser wird. Auch nicht mit irgendwelchen Absorbern, Teppichen oder Vorhängen.
Schallschutz ist in erste Linie eine bauliche Maßnahme. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, die gesamte Wohnung umzubauen.
Es hilft bereits eine fachgerecht verlegte Trittschalldämmung beim Fußboden. Manchmal reicht es schon, wenn du undichte Türen abdichtest oder die Waschmaschine auf eine Gummiunterlage stellst.
5. Stufe 2: Die Ursache angehen
Auch wenn du alles von Stufe 1 ausprobiert hast und schon eine gewisse Besserung der Situation zu spüren ist, musst du nicht hinnehmen, dass dein Nachbar Lärm macht. Jetzt kommt allerdings der knifflige Part: Den Nachbar auch tatsächlich dazu zu bewegen, leiser zu sein.
Viele scheitern hier und am Ende sind beide Parteien nicht gut aufeinander zu sprechen, das Verhältnis ist angespannt und der Lärm wird nicht weniger. Das hat auch einen recht einfachen Grund.
Was du du zu deinem Nachbarn sagst und das, was dein Nachbar darin interpretiert, sind meist völlig verschiedene Dinge. Es macht daher einen erheblich Unterschied, wie du dein Anliegen vermittelst.
Wie bringe ich denn nun meinen Nachbarn schonend bei, dass er leiser sein soll?
- Nichtden Moment für das Gespräche nutzen, in dem du dich gestört fühlst. Die Chance ist hoch, dass du dann emotional (über)reagierst.
- Versetze dich in die Lage deines Nachbarn (auch wenn es dir schwer fällt) und frage dich dann: Ist er sich überhaupt bewusst, dass er störenden Lärm produziert?
- Versuche eine Ideen zu finden, welchen Vorteile dein Nachbar davon hätte, einfach leiser zu sein.
Gerade der letzte Punkt 3 kann wirklich sehr schwer fallen, aber auch am meisten bewirken. Daher sollten wir uns das etwas genauer anschauen.
Die Wahrheit ist, dass sich Grunde jeder Mensch zuerst für sich selbst interessiert. Es interessiert absolut keinen Menschen, wenn du ein Gespräch darüber beginnst, in dem es nur um deine Vorteile geht.
Bittest du jemanden um etwas, z.B. leiser zu sein, damit du selbst mehr Ruhe hast, wird sich der andere unterbewusst immer fragen:
„Was habe ich eigentlich davon?“
Findet er dann keinen Grund bzw. gibst du ihm keinen, so wird er vielleicht die Musikanlage oder den Fernseher leiser stellen, aber nächste Woche ist wieder alles beim alten.
Versuche wirklich herauszufinden, was deinen Nachbar aus eigenen Interesse dazu bringen könnte, seine Gewohnheiten zu überdenken.
6. Stufe 3: Vermieter / Besitzer
Es kann auch durchaus sein, dass es zu Lärmbelästigungen kommt, die weder du noch dein Nachbar wirklich verhindern können. Manche Dinge wie z.B. das Schließen einer Tür, das Laufen auf Holzfußboden oder die Klospülung verursachen einfach Geräusche.
Hier gilt auch wieder ähnliches, wie beim Umgang mit deinem Nachbarn. Versuche dein Anliegen so rüberzubringen, dass der Besitzer des Hauses einen Vorteil darin sieht, bauliche Schallschutzmaßnahen zu ergreifen.
Wenn auch hier nichts zu machen ist, dann denke über deine persönlichen Prioritäten nach. Was ist dir wichtiger? Wirklich uneingeschränkte Ruhe zu haben und eine entsprechende neue Wohnung zu beziehen oder dich mit der aktuellen Situation zu arrangieren und dort wohnen zu bleiben?
7. Stufe 4: Rechtsweg
Für den Fall, dass du nicht ausziehen möchtest oder der Auszug mit enormen Aufwand zu bewerkstelligen ist (wenn du z.B. die Wohnung gekauft hast), bleibt oft nur noch der Gang zum Anwalt.
Ich selbst würde versuchen, diese letzte Stufe mit allen Mitteln zu vermeiden. Rechtsstreitigkeiten können manchmal über Jahre andauern, kosten viel Geld, Zeit und vor allem Energie. Ob du am Ende Recht bekommst, ist natürlich auch nicht sicher.
Abschließend habe ich noch einen Tipp, der mir ganz gut geholfen hat.
Wenn du anfängst die Lärmbelästigungen auch noch schriftlich festzuhalten und wie ein Wissenschaftler irgendwelche Geräte zur Aufzeichnung der Lautstärke aufstellst, verstärkst du damit nur unterbewusst deine Wahrnehmung des Lärms.
8. Zusammenfassung
Nun gibt es durchaus eine Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen und auch Gerichtsurteile aus der Vergangenheit, die dir zeigen, was du eigentlich dulden musst und was nicht.
Doch bringt es dir wirklich deine Ruhe, wenn du dein Recht durchsetzt?
In den meisten Fällen ist es daher sinnvoll, zuerst bei sich selbst anzufangen – auch wenn es einfacher gesagt ist, als getan.
Lärm ist und bleibt einfach ein Geräusch. Möchtest du deine Stimmung, dein Wohlbefinden und die Handlungen durch ein Geräusch bestimmen lassen?
Daher versuche zuerst ruhig zu bleiben, es nicht auf Streit und Konflikt anzulegen und direkt mit Polizei oder rechtlichen Schritten zu drohen. Sei einfach schlauer und überlege, welchen Vorteil dein Nachbar davon hätte, nicht mehr so laut zu sein.
Suche dann mit klaren Gedanken das Gespräch mit dem Verursacher des Lärms und verpacke dein Anliegen geschickt.